Geschichte der römisch-katholischen Pfarrei Pratteln-Augst 

Skizze, kath. Kirche Pratteln, datiert 5.3.1934
Kirchenbau 1934
Postkarte aus dem Jahr 1939
Alles ist bereit für Palmsonntag
Erstkommuniongottesdienst im 2023
Gottesdienst im Romana, Kirchensaal, Pfingsten 2023
Jahresausflug des Frauenvereins, 2023
Unser Kirchenpatron – der Heilige Antonius von Padua

Verfasst von Peter R. Füeg, Oktober 2023

Die Geschichte des Christentums in unserer Region beginnt im 4. Jahrhundert mit den Römern.

Die Pfarrkirche Pratteln (St. Leodegar geweiht) wird erstmals im Jahr 1281 urkundlich erwähnt, ist aber wesentlich älter und geht auf eine Stiftung des elsässischen Klosters Murbach zurück.

Mit der Basler Reformation 1529 verschwindet die katholische Konfession aus unserer Gegend. Erst mit dem Beginn der Industrialisierung (Salzabbau) ziehen wieder Katholiken nach Pratteln. 1919 stellt der Gemeinderat ihnen ein Schulzimmer für die Sonntagsmesse zur Verfügung, die von Priestern aus Liestal und Basel gelesen wird.

1928 wird der Verein «Römisch-katholische Gemeinde Pratteln» gegründet, der 1929 die Liegenschaft an der Muttenzerstrasse 15 kauft, welche Pfarrresignat Josef Boll als Pfarrhaus mit Notkapelle einrichtet.

Am 4. August 1933 beginnt Pfarrer Karl Stephan Treier seine Arbeit in Pratteln. Vom Bischof hat er den Auftrag erhalten, eine Pfarrei zu gründen und eine Kirche zu bauen. Der Weihnachtstag 1933 ist die Geburtsstunde der Pfarrei. Durch bischöfliches Dekret wird Pratteln von der Pfarrei Liestal abgetrennt und zur Pfarrei „Pratteln-Schweizerhalle“ erhoben. Das Gebiet Schweizerhalle wird später (1952) an die Pfarrei Muttenz abgetreten.

Die Grundsteinlegung für die neue Kirche erfolgt am 1. Juli, und nach nur halbjähriger Bauzeit weiht der Bischof von Basel am 16. Dezember 1934 die Kirche dem Heiligen Antonius von Padua. Der Bischof von Passau schenkt der Pfarrei eine Reliquie des Heiligen. Finanziert wird der einfache Bau durch den Kirchenbauverein des Bistums Basel, ein Darlehen der inländischen Mission und Spenden, welche nach hunderten von Bettelbriefen des Pfarrers eingehen.

Die Kirche hat eine Nord-Süd-Ausrichtung und bietet Platz für rund 350 Gläubige. Der leicht erhöhte Chor ist durch ein Kommuniongitter vom Schiff abgetrennt. Ein grosser, schwarzer Altartisch steht an der Südwand unter dem riesigen Wandkreuz. Zwei kleine Seitenaltäre sind Maria und St. Anton geweiht. An der Ostwand befindet sich die Kanzel, von der die Predigt in deutscher Sprache gehalten wird. Der Rest der Messe wird in Latein gelesen. Über dem Nordeingang befindet sich die Empore. Unter der Kirche gibt es einen Saal mit Bühne und kleiner Küche. Das ganze Bauwerk kostet rund Fr. 183‘000.-. Für einen Glockenturm und eine Orgel reicht das Geld aber nicht.

1935 ermöglicht ein grosszügiges Geschenk den Kauf von drei Glocken (c/d/e). Erst mehr als 20 Jahre später kann ein «richtiger» Glockenturm gebaut werden. Das Geld für die 5 neuen Glocken (cis/e/fis/gis/h) wird zu einem grossen Teil durch Spenden zusammengebracht. Am 29. August 1959 läuten sie zum ersten Mal.

1968 erhält die Kirche die lange ersehnte Orgel mit 25 Registern. Sie wird von der Firma Mathis Orgelbau, Näfels, gebaut und am 22. Juni 1968 eingeweiht.

Am 23. Dezember 1999 kommt es zu einem Kabelbrand in der Kirche, welcher die Krippe zerstört und eine umfassende Maler- und Orgelrenovation nötig macht.

Im Frühsommer 2023 wird die Orgel ein zweites Mal generalüberholt. Den Grossteil der Kosten übernimmt ein Mitglied der Kirchgemeinde.

Neue, in Blautönen geplante, Glasfenster im Schiff werden von den Stimmberechtigten 1989 abgelehnt.

1950 erwirbt die Kirchgemeinde die Parzelle Rosenmattstrasse 10 hinter dem Pfarrhaus und errichtet dort einen Doppelkindergarten, der von 1951 bis 1976 durch Baldeggerschwestern betrieben wird. Nach ihrem Wegzug wird «die Rosenmatt» als Pfarreiheim genutzt und 2020 saniert und umgebaut.

Das 2. Vatikanische Konzil (1968) führt auch in der Pfarrei Pratteln zu einem riesigen Umbruch. Die Messe wird nun auf Deutsch, dem Volk zugewandt, gelesen. Deshalb wird der Chorraum 1970 durch das Künstlerehepaar José und Verena de Nève-Stöcklin völlig umgestaltet. Die drei Altäre, das Kreuz, die Kanzel und das Chorgitter verschwinden. Die Fenster im Chor werden entfärbt und das Bild „Lebensfluss“ an die Chorwand gemalt. Der neue Altar aus massiver Eiche rückt näher gegen das Kirchenschiff. Die Verkündigung erfolgt vom Ambo. Auch Priestersitz und Tabernakel werden neu gestaltet.

Nachdem sich seit dem 2. Weltkrieg die Zahl der Prattler Katholiken schon verdoppelt hat, steigt sie in der Zeit der Hochkonjunktur (1960-1975) weiter rasant an. 1973 ist der Höchststand mit 7‘388 Katholiken erreicht.

Wegen der Zunahme der Katholiken im Längiquartier finden ab 1971 regelmässig Gottesdienste und auch die beliebten Pfarreiabende im Längischulhaus statt. 1977 wird an der Rheinstrasse 5 das Pfarreiheim Romana gebaut, das auch für die Augster Katholiken Heimat wird. Damit entsteht die Kirchgemeinde Pratteln-Augst. Pfarrhelfer Franz Egli, ein Priester, wohnt im Romana und übernimmt die Seelsorge in diesem Gebiet.

Ab 1961 betreut ein Missionario die Mitglieder der Missione Cattolica, und es entstehen das Centro Recreativo (Gallenweg) und das Asilo (Mayenfelserstrasse), eine Tagesbetreuungsstätte für Kinder berufstätiger italienischer Eltern. Das Asilo wird bis 2000 von italienischen Schwestern geführt.

Die Italienischsprechenden treffen sich an verschiedenen Anlässen und in verschiedenen Gruppierungen, wie der Associazione mamme oder der Gruppo Padre Pio.

Viele Pfarreivereine (Frauen- und Männerverein, Kirchenchor, Jungmannschaft, Marianische Jungfrauenkongregation, Blauring und Pfadfinder) gestalten und tragen seit den Dreissigerjahren das Pfarreileben mit. Die Fronleichnamsprozession, Pfarreiwallfahrten, Pfarrei- und Familienabende sind Höhepunkte des Pfarreilebens. Im Pfarrsaal ist nach der Sonntagsmesse die katholische Bibliothek geöffnet.

Nach dem Konzil lösen sich Jungmannschaft und Jungfrauenkongregation auf und werden von der KAJU (Katholische Jugend) abgelöst. Wichtigster Anlass ist die Durchführung der St. Niklaus-Besuche am 6. Dezember. Dieser Brauch wird nach der Auflösung der KAJU von den Pfadfindern weitergeführt.

Der Blauring löst sich ebenfalls auf. Seither nimmt die Pfadfinderabteilung St. Leodegar auch Mädchen auf.

Der Männerverein ist eine aktiven Impulsgruppe, die verschiedenste Pfarreianlässe organisiert und neue Traditionen wie den Schönmattbummel (seit 1964) oder den Spaghettitag (ab 1974) schafft. Heute hat sich der Verein aus der aktiven Pfarreiarbeit zurückgezogen

Auch der Frauenverein wandelt sich. Der aktive Vorstand engagiert sich in verschiedensten karitativen Bereichen. Neben Nähen im Altersheim ist der 1967 gegründete Club 3×20 besonders beliebt. Er trifft sich einmal monatlich und bringt Senioren aller Konfessionen zu einem gemütlichen Nachmittag im Pfarrsaal zusammen. Das Wäschpinest, eine Gruppe junger Mütter mit ihren Kindern, wird gegründet, ebenso das MUKI-Turnen (1971) und die Gymnastikgruppe SVKT (1972).

Seit 2022 leitet ein neuer Vorstand den Verein. Er führt Bewährtes weiter, stösst aber auch Neues an, wie zum Beispiel das «Frauezmorge plus», welches immer beliebter wird.

Verschiedentlich darf die Pfarrei die Primiz eines «eigenen» Priesters feiern. Der erste ist 1966 der Vietnamese Abbé Dinh Vinh Son, den die Pfarrei durch ein Stipendium unterstützt hat.

Martin Jäggi, der gleich hinter der Kirche aufgewachsen ist, feiert seine Primiz 1970. Anschliessend ist er als Immensee-Missionar auf mehreren Kontinenten tätig.

In den Neunzigerjahren feiern Alex Maier (1995), Sohn des Kirchgemeindepräsidenten, und Stefan Kemmler (1997), Diakon und Jugendseelsorger in St. Anton ihre Primiz.

Die vorläufig letzte Heimatprimiz feiert der Prattler P. Ioannes Chattopadhai (2014). Er ist heute Mönch im Kloster Disentis, nachdem er vorher als Kinderarzt in den Tropen gearbeitet hat.

Seit den 1970er Jahren ist die Mitarbeit von Theologen, Sozialarbeitenden und Katechetinnen in der Seelsorge zur Selbstverständlichkeit geworden. Bis 2001 wird die Pfarrei St. Anton dabei immer von einem Priester geleitet. Nach dem Wegzug von Pfarrer Richard Bartholet wird der Theologe Peter Messingschlager als erster Gemeindeleiter eingesetzt und ihm ein begleitender Priester zur Seite gestellt, der vor allem für die Eucharistiefeiern zuständig ist. Dies verläuft leider nicht konfliktfrei.

Seit 2022 ist der Theologe Matthias Walther Gemeindeleiter. Andreas Bitzi ist schon seit vielen Jahren begleitender Priester in der Pfarrei.

Die Arbeit in Kirche und Pfarrei ist schon lange nicht mehr bloss Aufgabe der Geweihten und Angestellten. Mehrfach wird deshalb ein Pfarreirat zur Unterstützung der Seelsorgenden gewählt. Doch dieses Gremium hat nie lange Bestand. Aber bis heute unterstützen viele Freiwillige das «Team» und machen unsere Pfarrei zu einer lebendigen Gemeinschaft.