Unsere Orgel wurde revidiert

Programm nach der Orgelrevison:

  • Sonntag, 22. Oktober, 17 Uhr, Orgelkonzert mit Matthias Reif.

Orgelrevision 2023

Im Mai 2023 wird die Orgel in unserer Pfarrkirche einer Totalrevision unterzogen. Deshalb soll kurz etwas über ihre Geschichte und die Revision gesagt werden.
Seit 1951 sparte die Kirchgemeinde in einem Orgelbaufonds Geld an, um endlich die alte Schrankorgel durch eine «richtige», grosse Orgel ersetzen zu können. Im September 1964 wurde diese bei der Firma Mathis Orgelbau in Näfels bestellt und am 22. Juni 1968 eingeweiht. Sie besteht aus 23 Registern und ist damit eine mittelgrosse Orgel. (Die grösste Orgel der Region, diejenige im Basler Münster, besitzt 78 Register)
Im Jahr 2000 musste eine Totalrevision der Orgel vorgenommen werden, weil sie durch den Kirchenbrand vom 23. Dezember 1999 völlig verschmutzt und verrust war.
23 Jahre später ist jetzt eine weitere Totalrevision nötig, um die rund 1600 Pfeifen, die Windladen und anderen Teile gründlich zu reinigen und zum Teil zu ersetzen. Die Kosten der Revision werden zum grössten Teil von Theres Stohler übernommen. Kurz vor ihrem Tod hatte unser Pfarreimitglied Theres Stohler dieses Geschenk der Kirchgemeinde versprochen.

Hier ein kurzes Interview mit dem Orgelbauteam.

Wie häufig wird die Orgel revidiert?

Die Orgel wird jährlich zweimal gestimmt, zu Beginn und am Ende der Heizperiode.

Die Orgelbauer empfehlen eine Gesamtrevision alle 15-20 Jahre. Unserer Orgel sagen sie bei regelmässiger Wartung eine weitere Lebensdauer von sicher noch 40 Jahren voraus. Dann aber, nach etwa 100 Jahren, wird die Orgel ans Ende ihrer «Lebenserwartung» kommen, so dass ein Totalersatz wahrscheinlich musikalisch und wirtschaftlich klüger wäre als weitere Revisionen.

Was wird bei den Revisionsarbeiten eigentlich gemacht?

Zuerst werden alle Kästen mit dem Staubsauger staubfrei gemacht. Dann werden die Pfeifen mit Seifenwasser gewaschen. Die Mechanik wird kontrolliert und geschmiert, die Tasten werden geputzt und poliert und der Anschlag wird fein reguliert.

Die Kupplungen für die Manuale müssen kontrolliert und eventuell neu justiert werden.

Zum Teil müssen die Windlager ersetzt werden, das heisst, das Leder muss gewechselt werden.

An den Holzpfeifen werden Dichtigkeitsprüfungen gemacht und die Pfeifen werden, wo nötig, neu abgedichtet. Zum Teil muss das spröde gewordene Leder ersetzt werden.

Bei den Bleipfeifen werden die Pfeifenfüsse ersetzt, die durch das Gewicht der Pfeifen von einer ursprünglichen Höhe von ca. 6 cm auf etwa 2 cm zusammengedrückt worden sind.

Holzpfeifen sind in der Herstellung billiger und leichter. Bei den ersten Orgeln machte man noch Bronzepfeifen, die sich aber nicht bewährten.

Heutige Metallpfeifen bestehen aus einer Zinn-Blei-Legierung. Bei den grossen Pfeifen besteht die Legierung aus 70 Anteilen Zinn und 30 Anteilen Blei. Je kleiner die Pfeife wird, desto stärker wächst der Bleianteil an der Legierung.

Reine Zinnpfeifen können nicht verwendet werden, weil sie zu spröde wären. Reine Bleipfeifen wären zu schwer und würden sich unter ihrem eigenen Gewicht verformen.

Holzpfeifen sind normalerweise quadratisch oder rechteckig, da sie aus Brettern gezimmert sind, Metallpfeifen werden aus gegossenen Blechen geformt und sind rund.

Sehr grosse Pfeifen werden normalerweise aus Holz hergestellt, da diese Pfeifen eine Wandstärke erfordern, welche aus Metall kaum herzustellen ist.

Bei der Orgel gibt es viele Teile, die man von aussen gar nicht sieht. So wird auch der Holzboden entfernt, wo der Organist sitzt, weil unter diesem Boden weitere Teile der Orgelmechanik versteckt sind, die ebenfalls gereinigt werden müssen.

Für die gesamte Reinigung, Revision und das Stimmen der Orgel sind drei Mitarbeitende der Orgelbaufirma Mathis während sechs Wochen beschäftigt.

Welches sind die Hauptprobleme in Betrieb und Unterhalt?

Das grösste Problem für jede Orgel ist die Luftfeuchtigkeit. Diese sollte idealerweise bei 55% liegen. 45% sind das absolute Minimum. Wird das nicht erreicht, sind Schäden zwingend zu erwarten, da Holz immer arbeitet. Das Problem ist, dass das Holz der Pfeifen undicht wird oder reisst. In der Folge verstimmt sich die Orgel. Es muss also das Ziel sein, für die Orgel ein möglichst konstantes Klima zu schaffen.

Bei den Messungen während der bisherigen Arbeiten hat die Luftfeuchtigkeit in unserer Kirche zwischen 33% und 43% betragen. Das mag auch daran liegen, dass der Luftbefeuchter, den wir einsetzen, momentan defekt ist. Die Monteure haben ihn deshalb in Reparatur gegeben.

Das zweite grosse Problem in unserer Kirche sind die schwankenden Temperaturen. Auch hier wäre es günstig, wenn in der Kirche jahrein, jahraus etwa die gleichen Temperaturen herrschen würden. Bei uns gibt es aber sehr grosse Unterschiede je nach Wetter und Jahreszeit.

Wäre der Einbau elektronischer Elemente möglich?

Der Einbau elektronischer Komponenten, mit denen man zum Beispiel mehrere Stimmen voraufnehmen und im Gottesdienst oder einem Konzert gleichzeitig mit dem eigentlichen Spielen abspielen könnte, wäre grundsätzlich möglich. Das ist bei der Revision der Orgel im Benediktinerkloster in Disentis vor vier Jahren gemacht worden.

Bei unserer Orgel wäre das aber kaum sinnvoll. Sollte das gewünscht werden, müsste die Orgel um zahlreiche Register erweitert werden.

Weshalb und wie wird man Orgelbauer?

Hauptmotivation für diesen kunsthandwerklichen Beruf ist die Liebe zur Musik. Ein gutes Gehör ist Voraussetzung für den Beruf – kann aber auch teilweise erlernt werden.

In einer einwöchigen Schnupperlehre bei einer der wenigen Schweizer Orgelbaufirmen, kann man sich selbst über seinen Berufswunsch schlüssig werden. Dies gibt den Betreuenden auch die Möglichkeit herausfinden, ob der Kandidat/die Kandidatin für den Beruf und als Mitarbeiter(in) geeignet ist.

Die Lehre als Orgelbauer dauert 4 Jahre. Die Berufsschule befindet sich in Arenenberg im Thurgau. Dies ist die einzige schweizerische Gewerbeschule für Musikinstrumentenbauer. Sie bietet die fünf zweiwöchigen überbetrieblichen Wochenkurse für alle Lehrlinge an.

Der Orgelbauer muss viel mit Holz arbeiten. Hergestellt werden der Spieltisch, Trakturen, Windladen, Windanlage, Gehäuse sowie Holz- und Metallpfeifen.

Peter R. Füeg
15. Mai 2023

Fotos: Annemarie Müller


Weitere Beiträge